Wiederum ein Kinogang, wiederum ein Horrorfilm. Diesmal
allerdings nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern durch meine liebe Schwester
initiiert, die immer wieder gerne behauptet, mit schwachen Nerven ausgerüstet
zu sein, bei unregelmäßig stattfindenden gemeinsamen Horrorfilmsichtungen aber regelmäßig
das Gegenteil beweist. Habe ich sie mit dem Horror-Virus angesteckt?
Möglicherweise. Im Zweifelsfall weise ich aber alle Schuld von mir, denn, so
glaube ich, eine dementsprechende Disposition muss schon von Haus aus vorhanden
gewesen sein.
Leider gehörte der jüngst gesichtete Streifen nicht zu
jenen, mit denen man Skeptiker_innen zum filmischen Horror bekehren könnte,
obwohl seine Produktion horrende Summen verschlungen hat. Auf dem Programm
stand World War Z nach einem Roman
von Max Brooks, dessen Zombie Survival
Guide eine ganze Weile lang auf meinem Nachtkästchen geruht hat - immer griffbereit,
sollte plötzlich der Zombie-Ernstfall eintreten.
Den verrottenden Untoten aus Prinzip sehr zugetan, war ich bei
World War Z deshalb gerne bereit,
wenn nötig beide Augen zuzudrücken (die leichte Schwummrigkeit hervorrufende
3-D Brille hat ihr Übriges dazu beigetragen), was ich sah, hat mich aber
trotzdem enttäuscht.
Der Inhalt ist schnell umrissen:
In der Heimatstadt von Ex-UN Mitarbeiter
("gespielt" von Brad Pitt) bricht plötzlich eine Zombie-Epidemie aus.
Gemeinsam mit seiner Familie kann er gerettet werden, wird allerdings, im
Gegenzug für die Garantie, dass Frau und Kinder in Sicherheit bleiben dürfen,
ausgeschickt, um dem Ursprung der Seuche, die sich mittlerweile auf der ganzen Welt
ausgebreitet hat, auf den Grund zu gehen. Seine Reise führt ihn zuerst nach
Südkorea, danach nach Israel und schließlich zu einer WHO Forschungsstation in
Wales - die Zombies sind ihm dabei immer dicht auf den Fersen.
Am Anfang vermag World
War Z noch zu fesseln. Die Action stimmt, die schauspielerischen Leistungen
sind größtenteils glaubwürdig und die beklemmende Weltuntergangsstimmung
überträgt sich auch aufs Publikum. Leider kippt das ganze jedoch recht schnell
in Richtung Konventionalität und verliert dabei immer mehr an Plausibilität.
Was mir bei World War
Z jedoch gleich als erstes sauer aufgestoßen ist, ist die -
zugegebenermaßen eh zu erwartende, in seiner Dimension und Unhinterfragtheit
jedoch immer wieder erstaunenswerte - westlich-amerikanische Geltungsmacht. Es
mag sein, dass ich, was Imperialismus und die Aufspaltung der Welt in West und
Ost bzw. in zivilisiert und unzivilisiert angeht, grundsätzlich etwas sensibel
bin. Angesichts dessen, wie in World War
Z die US-amerikanische Übermacht wiederum als letzte Hoffnung der Menschen
und der Rest der Welt als praktisch handlungsunfähig und -willig im Chaos
versinkend dargestellt wird, könnte man/frau allerdings schon ein wenig stutzig
werden. Wenn man dann auch noch die tendenziell nationalistisch-rassistischen
Darstellungen der bereisten Länder dazu zählt, und die Art und Weise wie im
Film Themenkomplexe wie der Nahost-Konflikt oder der Krieg in Korea übers Knie
gebrochen werden, kommt vermehrtes Schaudern auf. Fallen dann auch noch solche
Aussagen wie "Indien ist ein schwarzes Loch", steigt hoffentlich auch
mit postkolonialer Theorie bisher nicht Vertrauten ein wenig die Grausbirne
auf.
Okay, es ist "nur" ein Horrorfilm, der noch dazu
naiv genug ist, uns glauben machen zu wollen, die bei den Amerikanern so
beliebte One-Man-Tour funktioniere auch bestens im Angesicht einer globalen
Zombieepidemie.
Der Grad an Anspruch auf political correctness ist demnach,
gemeinsam mit dem Anspruch auf Ernsthaftigkeit, von Haus aus recht niedrig
anzusetzen. Ein gewisses Maß an Glaubhaftigkeit möchte ich aber trotzdem in
jedem Film gewahrt wissen und das erreicht World
War Z in weiten Strecken überhaupt nicht (Stichwort: Bruchlandung bei der WHO),
sodass spätestens ab der Hälfte des Films auch die letzten, von den packenden
Anfangssequenzen noch geschockten, Zuschauer_innen im Kinosaal aufgetaut sind
und ob der - unfreiwilligen - Komik der Situation teilweise in schallendes
Gelächter ausbrachen.
Dabei sind die Effekte teils spektakulär und die Zombies in World War Z bieten eine ganze Palette
von, aus dem Naturreich entlehnten, Fähigkeiten. Ihre primäre Aufgabe bestehen
darin, wie von der Tarantel gebissen zu rennen. Daneben bestechen sie noch
durch sekundäre Skills wie raubkatzenartiges Springen, ameisenhaufenartiges
Aufeinanderklettern oder tsunamiartiges durch die Gassen Schwappen. Was sie
allerdings anscheinend nicht können, und was sie damit grundlegend von anderen
Zombies unterscheidet, ist: Fressen.
Sie beißen sich zwar lustvoll reihenweise durch die panisch
zerstiebenden Menschenmassen, bringen dabei entweder aber keinen sonderlich
großen Appetit mit und gustieren sich sozusagen nur durch die menschlichen
Supermarktregale, oder, was wahrscheinlicher ist, sie sind, gesteuert vom
superintelligenten Virus, von dem sie befallen wurden, wirklich nur darauf aus,
diesen möglichst schnell und effektiv weiterzuverbreiten, ohne sich an den
wirklichen Annehmlichkeiten des Zombie(un)lebens zu erfreuen, nämlich: beißen,
reißen, zerfleischen, ausweiden und verzehren. Da diese hedonistische
Lebensweise im Zombiefall nämlich ein Mindestmaß an Blutvergießen erfordert,
welches World War Z in keinem Fall zu
liefern bereit ist (ich habe im ganzen Film lediglich 6 Brad Pitt'sche
Blutstropfen gezählt), dürfen die Untoten hier bloß ein bisschen knabbern und
müssen ansonsten traurig mit den Zähnen klappern. Mir persönlich sind Zombies lieber, wenn sie sich
ihres (Ab)Lebens erfreuen und sich entweder gemütlich-wankend (Night of the Living Dead von 1968) oder
hektisch-rennend (Dawn of the Dead von
2004) auf die Suche nach dem nächsten Frischfleisch-Kick begeben.
Dass die Zombies im
Fall von World War Z von
einem scheinbar intelligenten Virus angeleitet werden, finde ich auch nicht so
prickelnd. Willenlos, und damit quasi ihrer Menschlichkeit beraubt, sind
Zombies ja ohnehin immer (eine kleine, feine Ausnahme bietet hier vielleicht
das charmant-komische A little bit Zombie
von 2012, in dem der zombifizierte Protagonist wirklich ein hohes Maß an
Selbstbeherrschung an den Tag legt - oder es zumindest versucht), wenn schon
Anarchie, dann allerdings richtig, nämlich ohne höhere Anleitung und unter größtmöglichem (körperlichen)
Einsatz.
Globalisierte, sich der Marktökonomie des grenzenlosen
schnellen Wachstums und der alles überrennenden sozialen Netzwerke
unterwerfende Untote, die überhaupt keinen Sinn und keine Zeit mehr für
Ausweiden und Verzehren mitbringen, sind mir auf jeden Fall sehr suspekt (davon
gibt es, wie man zynisch anmerken könnte, ohnehin schon genug).
Fazit:
Ein blutleerer und zahnloser Zombiefilm kann fast nur
ein Totalausfall sein. Ist er auch (beinahe) geworden, wäre da nicht die erste
Hälfte des Films, die hinsichtlich Spannung und Action durchaus einiges
aufwarten kann. Leider wird die anfänglich aufgebaute Atmosphäre der Bedrohung
und Beklemmung jedoch jäh durch stupide Wendungen, lächerliche Szenen und ein
Übermaß an Pathos zerstört.
Wer Tschinderassabumm-Action mag und mit computeranimierten
Zombies etwas anzufangen weiß, dem wird der erste Teil des Films vermutlich
munden, wer unfreiwillige Komik schätzt und (amerikanischen) Schmalz braucht,
dem wird der zweite gefallen. Im Ganzen gibt World War Z aber eine sehr zu wünschen übrig lassende Mischung
ab, die nicht nur eingefleischten Zombiefans etwas schwer im Magen liegen
dürfte.
Ist wie: Ein fades Faschiertes aus den ohnehin schon mauen
Seuchen-Weltuntergangsfilmen Contagion
(2011) und I Am Legend (2007) - viel
zu gut durch für einen Zombiefilm nach meinem Geschmack (da muss das Blut
spritzen!), viel zu halbgar für einen guten (Zombie-)Film im Allgemeinen.
Ernst zu nehmende Horrorfilme verweigere ich im Kino, you know that, Schwesterchen. Schon aufgrund dieser Tatsache hättest du wissen müssen, dass "World War Z" zumindest horrormäßig nix Gscheides sein kann. Aber nachdem du ein smartes Mädl bist und ich mir sicher bin, dass du das eh vorher schon geahnt hast, freu ich mich, dass du trotzdem mitgekommen bist. :-)
AntwortenLöschenWas den inhaltlichen Teil des Filmes angeht, der mit den vorhandenen Horrorelementen nichts zu tun hat, muss ich mich deiner treffenden Kritik in allen Punkten anschließen. Vor allem die, leider inzwischen schon fast gewohnt gewordene Darstellung der Welt, die in Zeiten der größten vorstellbaren globalen Krise wie üblich den "großen Bruder" braucht, um mit dem Problem fertig zu werden (auch wenn es wie so oft bloß ein einsamer Held ist, der losgeschickt wird, aber der ist auf alle Fälle klarerweise Amerikaner!), empfinde ich inzwischen schon einfach nur mehr als öde.
Die guten Ansätze in der Geschichte werden leider von allzu vorhersehbaren und unlogischen Elementen überlagert. Sehr schade!
Aber zurück zum Horroranteil bei "World War Z" - der "Zähne-Klapper-Max" gegen Ende des Films, der war schon sehr niedlich, das muss auch mal lobend erwähnt werden!
Und, liebes Schwesterchen, wenn du mir nicht mittendrin zugeflüstert hättest, dass du Brad Pitt "Tuttlpapier" empfohlen hättest als "Unterarm-Biss-Schutz", ich hätte möglicherweise das Gruseln aus der ersten Halbzeit des Films noch ein wenig in die zweite retten können...
Ja gut, ok, die Wahrscheinlichkeit dafür wäre wohl sehr gering gewesen. :-D
Klappermax und dein ansteckendes Kichern werden mir aber immer überaus positiv in Erinnerung bleiben, wenn ich an den Film denke! ;-)
So gesehen wars zumindest für mich ein gelungener Kinoabend.
Und wer auf Brad Pitt in seinen bisher gewohnten Rollen steht, der wird sich freuen, dass auch in "World War Z", trotz alptraumhafter Zombie-Angriffe und einer im Grunde nicht vorhandenen Chance auf Rettung, ja selbst in Zeiten höchster Bedrohung, immer wieder ein kleines Lächeln um seine Lippen spielt. So als wüsste er bereits wie der Film enden wird, der Schlingel! ;-)
Naja gut, sei's drum! Is eh schon passiert! Und zumindest ich hab schon mal weit mehr gelitten im Kino.
Trotzdem ein aufrichtiges "mea culpa" Schwesterherz!
Keine Haftung, keine Kostenerstattung! :-P ;-) :-D