Freitag, 21. Juni 2013

Re-Animator (1985)

Was gibt es Schöneres, als an einem brütend heißen Sommertag, wenn andere Menschen sich wie die Sardinen in den Freibädern aneinander schlichten, die Rollläden runterzulassen, es sich auf der Couch gemütlich zu machen und sich, wohlig-kühlend, eine Gänsehaut nach der nächsten mit einem guten Horrorfilm über die hitzebepickelte Haut jagen zu lassen?

Eben.

Zu diesem Behufe habe ich mir unlängst einen bisher noch nicht gesichteten Klassiker der etwas ekligeren Art zu Gemüte geführt: Re-Animator - das Frühwerk der beiden Horrorexperten Stuart Gordon und Brian Yuzna.

Diese post-moderne Prometheusfabel hat mich nicht von ungefähr sehr an Mary Shelleys Frankenstein erinnert, auch wenn ich zugeben muss, dass ich generell immer scharf darauf bin, literarische Verweise in Filmen aufzustöbern. Bei Re-Animator muss nach diesen Bezugspunkten allerdings gar nicht erst groß gesucht werden, handelt es sich doch um die Verfilmung der Kurzgeschichte "Herbert West - Reanimator" des, der Horrorliteratur Zugetanen sicher bestens bekannten, Schriftstellers H.P. Lovecraft. Das sei aber wieder nur am Rande erwähnt.

Zum Inhalt:
Der, vorsichtig ausgedrückt, etwas wunderliche Medizinstudent Herbert West (wunderbar schräg verkörpert von Jeffrey Combs) kommt nach einem missglückten Experiment bei einem Forschungsaufenthalt in der Schweiz (ein Zwinkern Richtung Shelley) in die USA, findet Untermiete bei seinem Kommilitone, dem jungen Arzt Dan Cain und versucht, diesen davon zu überzeugen, dass er das Mittel gefunden hat, mit dem Tote wieder zum Leben erweckt werden können. Das dazu benötigte grellgrün leuchtende Serum hat er natürlich im Gepäck und schreitet, voll wissenschaftlichem Eifer, daran, dessen Wirkungskraft an Tier und Mensch unter Beweis zu stellen. Cain und dessen Verlobte werden in die, gegen jegliche medizinische Ethik verstoßenden, Versuche hineingezogen und in weiterer Folge bleibt kein Lebender (physisch und psychisch) unversehrt und keine Leiche ungeschändet.

Wenn es eines gibt, das die Toten in diesem Film nicht können, dann ist es, in Frieden zu ruhen. Aufgrund der Frankenstein'schen Ruhestörung (re)animiert, und wegen ihres ablebensbedingtem Hirntod intellektuell etwas eingeschränkt, metzeln sie sich durch die Reihen der (noch) Lebenden und verleihen damit ihrem Unmut eine deutliche Sprache. Der moralische Imperativ könnte hier lauten: "Du sollst nicht Gott spielen!" oder "Totes soll tot bleiben!", der Hauptaugenmerk des Filmes liegt aber nicht auf einer Kritik der menschlichen Allmachtsfantasien oder einer Erhebung des moralischen Zeigefingers gegen wissenschaftliche Skrupellosigkeit. Schrecken, Schaudern und Ekel sollen verbreitet werden und das gelingt, dank der wirkungsvoll eingesetzten Spezialeffekte und der wunderbaren Maske auch tadellos.

Re-Animator schafft es von Anfang an, Spannung zu erzeugen und stetiges Unbehagen bei den Zuseher_innen zu evozieren. Auch die Spaltung der Protagonisten in Held und Antiheld ist dramaturgisch spannend, selbst wenn der Ausgang des Filmes von Anfang an zu erahnen ist. Überraschungen werden trotzdem genügend geboten und für die Qualität des Filmes spricht vor allem auch, dass er, hinsichtlich der nicht zu knapp eingesetzten Gore-Effekte, durchaus mit heutigen Filmen dieser Art mithalten kann und eine, zwar eindeutig den 80er Jahren zuzuschreibende, aber dennoch zeitlose, blutige Ästhetik erhält. 

Als einzige wirklich unnötige Grauslichkeit in dem Film, ist die explizite Darstellung von sexuell erniedrigender Gewalt gegen Frauen zu werten - hier hat in den letzten 30 Jahren zum Glück auch im Horrorgenre eine Sensibilisierung stattgefunden.

Fazit:
Freund_innen des "schlechten Geschmacks" wird hier in jedem Fall eine große und vielfältige Schlachtplatte zur Degustation geboten. Gastritisch sensibleren Menschen rate ich aber eher davon ab, den Film, so wie ich, zum Frühstück zu genießen.

Ist wie: Dr. Frankenstein spielt gemeinsam mit Dr. Jekyll "Weckt die Toten" auf dem Friedhof der Kuscheltiere. Klingt doch nach einem Heiden(!)spaß!?

Wertung: 7 von 10 leichenschändende Giftspritzen mit einem möglichen Zusatzpunkt für besondere wissenschaftliche Verdienste.

Montag, 3. Juni 2013

I Didn't Come Here to Die (2010)

Sechs junge Menschen fahren gemeinsam in den Wald.

Mehr braucht es eigentlich gar nicht, um gleich einen ganzen Rattenschwanz an, durch gängige Slasher-Konventionen kultivierte, Assoziationen hervorzurufen. Wer vermutet, dass der vergnügliche Waldausflug in einem Massaker endet, vermutet richtig - es geht hier ja schließlich um Horrorfilme und nicht um Kumbaya-geschwängerte Selbstfindungsseminare (eine andere Dimension des Grauens). Allerdings weicht I Didn't Come Here to Die in einigen Punkten doch von allzu ausgetretenen Genrewegen ab und sucht sich einen eigenen Trampelpfad durchs Dickicht der menschlichen Abgründe.

Die erste Abweichung ergibt sich dadurch, dass es sich bei den sechs erwähnten Jungmenschen nicht um beste Freunde handelt, sondern um (nicht gänzlich freiwillige) Volontäre, die sich auch nicht zum Spaß in die Einschicht begeben, sondern um dort ein Jugendprojekt aufzubauen. Als Behausung dient der Gruppe keine Cabin in the Woods, sondern schnöde Ein-Personen-Zelte. Sich über den fehlenden Komfort zu beschweren, bleibt allerdings nicht viel Zeit, denn noch bevor die Arbeit richtig losgeht, gibt es schon den ersten Unfall, der noch eine ganze Serie an Unglücken, Missverständnissen und Grausamkeiten nach sich zieht, was dem Motto des Films "Volunteer work can be a killer" alle Ehre macht. 

Mehr sei hier zum Inhalt gar nicht verraten, nur so viel, dass die Handlung teilweise ins Lächerlich-Abstruse zu kippen droht, wo sich allzu sehr an den Haaren herbei gezogen wirkende Domino-Effekte ergeben; das alles bleibt aber durchaus im filmischen Rahmen, der eindeutig die Überschrift "Trash" trägt (worauf auch die, an Slasher aus den 70er Jahren erinnernde, Kinematografie hinweist). I Didn't Come Here to Die mag also in weiten Strecken unglaubwürdig und überzogen wirken, der Anspruch der Ernsthaftigkeit wird vom Film aber erst gar nicht gestellt, weshalb die unrealistischen Wendungen aus filmischer Perspektive Sinn ergeben. In erster Linie soll der Film Spaß machen, und da er das auch tut, kann man leicht über einige Logikschnitzer hinwegsehen. 

Das "Schöne" an dem Film ist in jedem Fall, dass der Schrecken nicht schon im Wald auf die Gruppe lauert, sondern mit dieser erst eingeschleppt wird. Wer kommt auch auf die grandiose Idee, in Waldarbeit offensichtlich völlig Unerfahrene, mal ganz nach Herzenslust drauf lossägen und -hacken zu lassen?! Auch ohne das, unvermeidlich daraus resultierende, Blutbad, sträuben sich bei mir da schon alle Nackenhaare. Diesbezüglich ein freundschaftlicher Rat: Nicht mal im Umgang mit einer solchen erfahrene Menschen, sollten sich dazu hinreißen lassen, einen Tanz mit einer laufenden Kettensäge aufzuführen (es sei denn, sie heißen Leatherface) - natürlich unter der Voraussetzung, dass ihnen etwas an der (eigenen oder fremden) körperlichen Unversehrtheit liegt.

Fazit:
Murphy und Darwin klatschen sich bei diesem Indie-Horrorstreifen ab und kombinieren genussvoll ihre Leitmotive "Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen" und das "Überleben der Stärkeren" (oder auch nicht). Das Ergebnis ist allerdings kein schnöder Abklatsch von eh schon viel zu oft durchexerzierten Teenie-Slashern, sondern ein äußerst vergnüglicher Film, dem man zwar die vergleichsweise günstige Produktionsweise ansieht, der aber mit passablen schauspielerischen Leistungen, guten Effekten und einigen netten Wendungen aufwarten kann. Bahnbrechend Neues wird hier zwar nicht aufgeboten, die in dem Film steckende Leidenschaft und die Freude am Metzeln sind allerdings spürbar und ansteckend und lassen einen auch gerne über die eine oder andere Unzulänglichkeit hinwegsehen. Freund_innen des anarchisch Schwarzhumorigen werden hier auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen.

Ist wie: Rabies - Kalevet (2010) mit einem "gesunden" Schuss Tucker & Dale vs Evil (2010) - weil aus Lämmern schneller Wölfe werden, als man meint und einige "belämmerte" Missverständnisse und Unfälle problemlos den ansonsten obligatorischen Schlachtbankbetreiber ersetzen.

Wertung: 6 von 10 aberkannte Pfadfinderabzeichen in Forstarbeit und Überlebenstraining.