Samstag, 21. November 2015

Last Shift (2014)

Unverhofft kommt oft. Und selten aber doch findet sich in den Sautrögen der elektrotechnischen Zerstreuungszentren (kurz: Elektromarkt-Wühlkisten) doch die eine oder andere Perle.

Sie kommt aber meistens nicht so schön aufpoliert daher, dass man sie gleich als solche erkennen würde. Oder wer hätte hinter einem Film mit so einem Cover ...

... schon etwas anderes erwartet außer: Trash, Trash, Trash!


Und dann noch der Trailer:

Der Sound, wtf?!
Meh.

Und dann startet man/ich den Film an einem einsamen Abend als langweiligen Lückenfüller und – ich geb’s wirklich nicht gerne zu! – wischelt sich dabei vor Angst ein kleines bissl an.
Die Story für Eilige schnell erzählt: Rookie Cop wird an ihrem ersten Abend zum Nachtdienst in einer aufzulassenden Polizeistation verdonnert, was ja an und für sich nach einem ziemlich öden easy-peasy-Dienst für den Anfang klingt, wäre da nicht das nicht zu vernachlässigende Kleingedruckte in Form von ein paar besessenen Satanisten-JüngerInnen, die hier einen gewaltsamen Tod fanden und einigem sonstigen ziemlich creepy Spukzeugs. Das wird eine lange Nacht.

Das klingt ja alles noch gar nicht sooo erschreckend, was der Film aber wirklich gut versteht, ist, Atmosphäre aufzubauen (and I’m a sucker for atmosphere, you know) und ziemlich schleichend aber wirksam dem Grauen entgegenzuschlurfen – da braucht’s nicht viel mehr als ein paar flackernde Leuchtstoffröhren, ein die rauschende Stille zerschmetterndes Telefon und schon ist der Grundstock gelegt für madness and mayhem. Der Grundton ist zuerst ein stiller, der einem Raum gibt, mit der Protagonistin etwas warm zu werden und sich in ihre, nicht gerade sehr beneidenswerte Lage, hineinzuversetzen. Dann werden aber langsam und leise krachend die Daumenschrauben angezogen. Optisch und akustisch werden die Gegensätze Licht und Schatten, sowie Stille und Lautstärke wunderbar in Szene gesetzt – der Score tut, anders als vom Trailer her zu erwarten, der Stimmung keinen Abbruch, sondern unterstreicht sie effektvoll.

All diese Elemente zusammengenommen würden, obwohl noch gar nicht wirklich horrormäßig per se, schon für wohligen Grusel ausreichen – der schlussendlich ausbrechende Wahnsinn, Blut, Beuschel und die spooky Sektenfuzzis sind dann eigentlich mehr Bonus als Hauptattraktion. Die klaustrophobische Atmosphäre, die wohlplatzierten Scares, das schleichende Grauen, das sich wolkenbruchartig ergießt und alles in einer Qualität, die nie wirklich sehen lässt, dass es sich hier um eine Low-Budget-Produktion handelt – das alles hat mein Horrorherz gleich in mehrerlei Hinsicht höher schlagen lassen. 

Fazit:
Eine brühheiße Empfehlung meinerseits also für das unscheinbare Psychogruselfest Last Shift. Und ja, ich werde mich in Zukunft wieder ein wenig zurückhalten mit den Anglizismen, promise!

Ist wie: Nightwatch minus Psychocop (wobei …) plus Satanisten mit Sprengseln von Martyrs (und ja, eindeutig angelehnt an diesen einen Film mit Ethan Hawke, der ein Remake dieses Carpenter-Streifens ist, dessen Titel ich auch nicht kenne, if you know what I mean) – ein sehr großes Lob also aus meinen Fingern.

Wertung: Fantastisch gute 8 von 10 „ich hätt heut Abend doch gern Gesellschaft“-Punkte

Sonntag, 2. August 2015

Fantasy Filmfest und /slash 2014

Noch ist der Sommer zwar in vollem Gange, die herbstlichen Freuden der herannahenden Horrorfestival-Saison sind aber bereits erahnbar, was mich dazu veranlasst, nun endlich meinen längst überfälligen Nachbericht zum Festivalherbst 2014 abzuliefern.

Ich hatte im letzten Jahr ja das Glück, sowohl für eine kurze Stippvisite erneut das /slash im heimatlichen Wien heimzusuchen, als auch erstmals, und gleichzeitig etwas intensiver, beim Fantasy Filmfest in Köln zugegen sein zu können. Einen kurzen Überblick über eines der weltweiten größten Festivals für den Genrefilm und dessen Programm bietet mein Ausblick für das Jahr 2014 hier:
Vorschau FFF


Im direkten Vergleich zwischen FFF und /slash muss ich sagen, dass für mich das kleinere /slash die Nase vorne hat. Was für das FFF spricht, ist sicherlich sein über über die Jahrzehnte seines Bestehens erkämpfter Status und sein breit aufgestelltes Programm, womit das kleinere /slash allerdings punktet, ist sein Charme, der sich aus einer sorgfältigen, liebevollen Filmauswahl aufbaut, unterstrichen durch die heimelige Atmosphäre der Spielstätte Filmcasino.

Wo das FFF möglichst breit viele Bereiche abdeckt und es damit den Besuchern auch, trotz Schwerpunktsetzungen und Spotlights, mitunter etwas schwer macht, sich aus der Fülle des Angebots die dem eigenen Gusto entsprechenden Leckerbissen herauszupicken, zwingt die etwas beschränktere, und gleichzeitig immer auch auf die Randgebiete der in der breiten Wahrnehmung rezipierten Filmbereiche schielende, Selektion des /slash, das Publikum mitunter regelrecht dazu, sich mit Filmkost auseinanderzusetzen, die sonst möglicherweise nicht auf der eigenen Menükarte stehen würde, was durchaus überraschende lukullische Genüsse nach sich ziehen kann.
Zudem ermöglicht der Veranstaltungsort des FFF zwar einen größeren Besucherzustrom, gleichzeitig geht durch die Einbettung des Festivals ins große Multiplex (zumindest in Köln ist das der Fall), wo das Festivalprogramm nur eine von vielen Möglichkeiten ist, filmisch den Abend zu verbringen, auch ein Stück Exklusivität und "Festivalspirit" verloren, den eine solche Veranstaltung erhält, wenn eine Spielstätte mit nur einem Kinosaal für eine bestimmte Zeit okkupiert und zum Ort der Magie und des Schreckens umgewidmet wird, wie das in Wien der Fall ist.

Mein Fazit lautet dementsprechend:
FFF, es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!
/slash, I'll be back!

So, und jetzt ohne weitere große Umschweife zu den bei den beiden Festivals gesichteten Filmen und meiner Bewertung derselben.


The Rover (2014)
Obwohl mein Hang zu dystopischen Weltuntergangsszenarien sowie düsteren philosophischen Parabeln über die grausame Natur des Menschen durchaus nicht unausgeprägt ist, hier Story, Setting und Erzählart sehr stimmig korrelieren und den schauspielerischen Leistungen von Guy Pearce und Robert Pattinson unbestreitbar Respekt zu zollen ist, hat mich das Roadmovie in der grenzenlosen Wüste der Menschlichkeit leider eher kalt gelassen und ich habe mich zwischendurch immer wieder dabei ertappt, den Protagonisten zuflüstern zu wollen: "Burschen, die Sonne scheint, das Leben ist kurz, macht's was draus!" Obwohl der Streifen das Prädikat "sogar mir zu zynisch" mit Stolz tragen darf, hat er mich leider einfach nicht berührt, daher:
6 von 10 "wenn schon australische Outback-Dystopie, dann lieber Mad Max: Fury Road"-Punkte

Irgendwo zwischen Mullholland Drive und Black Swan anzusiedelnder Body-Horror mit psychedelischen Sequenzen und schon fast obligatorischem 80er Synthie-Sound, der einen alptraumhaft-verstörenden Blick auf die Traumfabrik Hollywood wirft, die in ihren Mühlen wohl schon so manche junge, hoffnungsvolle Existenz zermalmt hat – nicht unbedingt visionär in Setting und Botschaft, aber stimmig, konsequent und unerbittlich brutal.
8 von 10, das Evil Dead-Remake vor Neid erblassen lassende, Nitsch'sche Blutkübeln

Mittlerweile wurde ja schon einiges Gute über diesen kleinen, fiesen Auswuchs des jungen Genrekinos gesagt und geschrieben, bei der Sichtung beim FFF hat mich der Film mit seiner schleichenden Wucht aber ziemlich unvorbereitet getroffen und, metaphorisch, vom Kinosessel gehauen – Leuten mit paranoiden Wahnvorstellungen vielleicht nur bedingt zu empfehlen, allen anderen aber wärmstens ans Herz zu legen. Meine ausführliche Kritik gibt es hier nachzulesen:
9 von 10 blutarme aber umso schreckensreichere Zwangsdynamik-Punkte

Ziemlich konfuse, katholisch durchtränkte Schuld-und-Sühne-Gewaltoper, die zwar auch ihre Momente hat, im Großen und Ganzen aber einen eher faden Nachgeschmack zurücklässt und auf jeden Fall besser in der B-Abteilung des Heimkinos als auf der großen Leinwand aufgehoben ist – kann man schon schauen, muss man aber nicht gesehen haben.
4 von 10 Fliegen, die der Teufel notfalls frisst, steckt er nicht gerade im Detail fest

Wieder mal so ein Film, den ich eigentlich gut finden wollte, aus mehreren Gründen aber nicht konnte, einerseits weil das kindlich-nostalgische Grundgerüst, das Erinnerungen an Perlen wie Stand by Me evozieren sollte (und ansatzweise auch konnte), sehr schnell durch Fehlentscheidungen seitens der Regisseure demontiert wurde, andererseits weil gewisse Dinge, wie Inkonsequenzen in der Gewaltdarstellung oder ausgelutschte Topoi, das Gesamtbild stören, und nicht zuletzt weil Motive, die längst in die Mottenkiste gehören (offenkundige Sexismen) einer/einem eher die Hände vor Schrecken vor die Augen halten lassen als die vergleichsweise enttäuschenden Gore-Elemente.
4 von 10 von Grillen durchzirpte laue Sommernächte in der Adoleszenz – bevor das Grauen losgeht
   
Eine hinreißende Horrorkomödie über eine WG von Vampiren verschiedener Zeitalter, die nicht nur miteinander, sondern auch mit den Anforderungen der modernen Welt und diversen anderen Problemen zu kämpfen haben – wahnsinnig lustig, entzückend und liebevoll mit den Konventionen eines Genremythos spielend, der eine der ältesten Gruselgestalten des Films immer wieder neu erfinden möchte.
8 von 10 spitzzahnige, tageslichtscheue, leicht modrige und dandyeske Halsschlagaderanritzungen

An die Geschichte um eine wortwörtlich ans (Geister-)Haus gefesselte, rebellisch-kriminelle junge Frau mit spitzer Zunge und ohne Manieren hatte ich hohe Erwartungshaltungen, dass diese dann leider doch nicht ganz erfüllt wurden, lag vor allem an einer, in meinen Augen, etwas enttäuschenden Auflösung, was allerdings das solide Grundkonzept und die erfrischend-amüsante Umsetzung keineswegs schmälert.
7 von 10 blinkende Fußfesseln im Spukhaus mit knarrenden Dielen und doppelten Böden

Für mich eindeutig der beste Genrefilm der jüngeren Vergangenheit – ein kleines Meisterwerk, das den Begriff "Horror" und seine landläufigen Implikationen in meinen Augen transzendiert und mit seiner atmosphärischen Dichte, seiner Klugheit, Behutsamkeit und seinem Gespür für Charaktere, Stimmungen und den unwirklichen Schrecken einer sehr realen Bedrohung zeigt, dass der zeitgenössische Horrorfilm nicht nur Tand und Spielerei ist, sondern ernst genommen werden darf und soll. Meine ausführliche Kritik dazu gibt es hier:
10 von 10 bescheidene Superlativen, deren sublime Nachbeben noch lange spürbar bleiben 

Samstag, 4. Juli 2015

Sommerlöcher und andere Ungetüme


Da melde ich mich aus einer langen Schaffenspause zurück und habe nichts vorzuweisen außer einer Abwesenheit: von interessanten Geschichten, von spannenden Berichten oder Rekapitulationen von Sehenswertem und Anderem.

Alles lässt sich nicht auf vielbeschworene quasi-Wetterphänomene schieben, aber es ist derzeit einfach zu heiß - für alles! (Und ja, ich weiß, es ist Sommer und das soll und muss so sein bla bla bla ...)
Das größte Ungetüm von allen ist momentan nun mal die alles und jede/n einkochende Hitze – allgegenwärtig, unausweichlich, gleichermaßen lähmend und verflüssigend.

Darum nur ein kurzer, thematisch passender Filmtipp mit dem schaurigen Titel Night of the Big Heat (Dt: Brennender Tod):



Wie schon an den Opening Credits ablesbar, handelt es sich hierbei um einen Film älteren Semesters (1967), der, zumindest ob meteorologischer Querverbindungen, aber kaum an Aktualität eingebüßt hat und immerhin mit Genregrößen wie Peter Cushing und Christopher Lee aufwartet.

Der Plot einer unerklärlichen Hitzewelle auf einer Insel in Britanniens Norden im Winter und rätselhafte Todesfälle durch Verbrennungen (Spoiler: verursacht von Aliens), ist denkbar simpel und stellenweise auch nicht besonders spannend, neben passabel entwickeltem Suspensefaktor und unwillkürlichem Retrocharme, gibt es meinerseits aber noch Bonuspunkte für:
- Die bemerkenswertesten Schweißflecken auf Männerhemden, die je auf Celluloid gebannt wurden (die Frauen im Film schwitzen natürlich, wenn überhaupt, nur sehr dezent und zurückhaltend).
- Das irgendwie unfreiwillig komische, mit der Zeit aber auch ganz schön nervenaufreibende Geräusch der herannahenden Bedrohung – irgendwo zwischen schriller Eieruhr und zirpenden Grillen auf Koks anzusetzen.

Ein netter Streifen mit moderatem Trash-Faktor also zum Hirn Ausschalten und Mitleiden. Hier in voller Länge anschaubar: Night of the Big Heat (1967)

Dass der Film angeblich mitten im Winter gedreht wurde und die SchauspielerInnen statt zu schwitzen sich in Wirklichkeit die Ärsche abgefroren haben, sei noch als "Fun Fact" nebenher erwähnt.


Demnächst gibt's dann noch einen längst überfälligen Nachbericht von den Horrorfestivals des letzten Herbstes (FFF, /slash), jetzt aber erstmal wieder zurück in die Gruft (schön wär's!).