Also heißt es jetzt erst
mal: Frische Mottenkugeln in den Schrank, entspannt die Füße hochlagern und ein
warmes Kirschkernkissen in den Nacken. Ahhhhhh.....
Es sei gleich vorweg geschickt: Ich wollte "Mama" mögen, wirklich mögen.
Aus dem spanischen Sprachraum ist in den letzten Jahren/Jahrzehnten eine Menge an innovativen, spannenden Filmen gekommen, die dem Horrorgenre zuzuordnen sind (jüngstes Beispiel ist hier das grandios-beklemmende Sleep Tight). Seit fähige und kreative spanische/lateinamerikanische Regisseure wie Guillermo del Toro (der auch bei Mama seine Finger produzierenderweise mit im Spiel hatte) mit The Devil's Backbone, Alexandro Amenábar mit Tesis und The Others oder Jaume Balaguero und Paco Plaza mit ihrer Rec Trilogie einen Genreleckerbissen nach dem anderen auf das geneigte Publikum losgelassen haben, ist es also durchaus legitim, sich bei der Ankündigung eines neuen spanischen Horrorstreifens schon prophylaktisch die Finger zu lecken und bei Aufruf laut "Aquí!" zu schreien.
Bei Mama ist mir die anfängliche Euphorie, wie angesichts
der Einleitung zu vermuten nahe liegt, jedoch leider relativ schnell vergangen
und ich bin etwas resignativ in den Kinosessel gesunken, das mürrische Lästern
der Holden neben mir immer weniger zu ignorieren imstande, und es blieb mir,
und vielleicht auch dir liebe/r Leser_in, nur mehr die Frage: "Por qué?!"
Bevor ich Lob und Tadel über den Film ergieße (wobei der
Schwerpunkt doch auf letzterem liegen wird), sei noch kurz der Inhalt umrissen:
Von der Finanzkrise gebeutelter Banker läuft gewissermaßen
Amok, tötet dabei nicht nur seine Geschäftspartner, sondern auch seine Frau und
entführt seine zwei kleinen Töchter. Nach einem Verkehrsunfall landen Vater und
Töchter in einer abgeschiedenen Waldhütte, wo der verzweifelte Mann auch seine
Kinder und danach sich selbst töten will. Er wird jedoch zuvor von einer nebulösen
Frauengestalt getötet, welche sich fortan um die beiden Mädchen kümmert. Fünf
Jahre vergehen bis die zwei verwahrlosten Kinder gefunden und zwecks
Resozialisierung und Familienzusammenführung der Fürsorge ihres Onkels und
dessen Freundin übergeben werden - ein Schritt in Richtung Geborgenheit und
familiäre "Normalität", den die zurückgelassene Ziehmutter und Waldhüttenbespukerin
nicht mit Wohlwollen betrachtet...
Soweit zur Ausgangslage. Tatsächlich liegt die Stärke des
Films in dessen ersten paar Minuten, in denen die familiäre Tragödie atmosphärisch
dicht und beklemmend nachvollziehbar dargestellt wird. Diese bedrückende Stimmung
der Verzweiflung und der Trauer wird allerdings nicht lange aufrecht erhalten
und der Film fällt erschreckend schnell in ein schon allzu bekanntes Muster der
langsamen Grauenanbahnung, inklusive düsterer Vorahnungen, kryptischer
Warnungen aus dem Dies- und Jenseits, unheimlicher Geräusche und
Wandverzierungen im Haus etc. etc.
Mit dem kontemporären Horrokino und dessen, rein zur Schreckerzeugung eingesetzten und deshalb oft billig wirkenden, Effekten weniger Vertraute, werden dabei vielleicht ein paarmal, der Schwerkraft trotzend, aus dem Sitzmöbel gehoben, das geschulte Horrorauge wird aber eher ein fades selbiges machen und unbeeindruckt mit den Wimpern klimpern, vielleicht ein leichtes Gähnen dabei unterdrückend.
Mit dem kontemporären Horrokino und dessen, rein zur Schreckerzeugung eingesetzten und deshalb oft billig wirkenden, Effekten weniger Vertraute, werden dabei vielleicht ein paarmal, der Schwerkraft trotzend, aus dem Sitzmöbel gehoben, das geschulte Horrorauge wird aber eher ein fades selbiges machen und unbeeindruckt mit den Wimpern klimpern, vielleicht ein leichtes Gähnen dabei unterdrückend.
Wenn man glaubt es geht nicht mehr
(vorhersehbar-konventioneller), kommt auch noch ein lächerlich überdesignter
CGI-Geist daher und lässt einen, ob der unfreiwilligen Komik, erstaunt in
Zweifel ziehen, ob man überhaupt im richtigen Kinosaal sitzt oder nicht doch
versehentlich im letzten "Scary Movie"-Abtrieb gelandet ist.
Bei aller Kritik sei aber auch Positives am Film in Rechnung
zu stellen. Die Zeichnung der Charaktere verlässt teilweise schon allzu ausgetretenes
"weißes Mittelstand"-Terrain und macht in Form des jungen
Punk/Künstler-Paars zumindest einen kleinen Schwenk in Richtung
"alternative Lebenswelten". Auch die Familienzusammenführung und die
zwangsmäßige "Verbürgerlichung" durch den Umzug in die Vorstadtidylle
(-hölle?!) wird, wenigstens von der unangepassten Musikerin, die sich zunächst mit
der Rolle der Erziehungsgenötigten so gar nicht anfreunden kann, nicht als
positive Entwicklung empfunden (zumindest bis schlussendlich doch mütterliche
Gefühle in ihr erweckt werden).
Die darstellerischen Leistungen der Protagonist_innen ist insgesamt sehr überzeugend - allen voran Jessica Chastain - aber auch die beiden Mädchen stehen dem in nichts nach (von Megan Charpentier wird man sicher in Zukunft noch öfter hören) und Game of Thrones-Fiesling/Schönling Nikolaj Coster-Waldau weiß ebenfalls die Sympathien der Zuschauer_innen zu erwecken.
Die darstellerischen Leistungen der Protagonist_innen ist insgesamt sehr überzeugend - allen voran Jessica Chastain - aber auch die beiden Mädchen stehen dem in nichts nach (von Megan Charpentier wird man sicher in Zukunft noch öfter hören) und Game of Thrones-Fiesling/Schönling Nikolaj Coster-Waldau weiß ebenfalls die Sympathien der Zuschauer_innen zu erwecken.
Leider verschwendet der Film aber zu viel Zeit mit allzu
sehr konstruiert wirkenden, schon über die Maßen hinaus abgeernteten
Handlungssträngen (die Geschichte der "Mama"?!) und sinnlosen
(hirnlosen!) Nebencharakteren wie dem forschungsbesessenen Arzt oder der penetranten Großtante, die dermaßen mit dem engen Schema ihrer plakativ-stupiden
Rollen kämpfen, dass es eine reine Qual ist, ihnen dabei zuzusehen und man nur
noch auf eine schnelle (ohnehin unausweichliche) Erlösung - für sie und von
ihnen - hofft.
Möglicherweise ist der hier zum Ausdruck gebrachte Ärger etwas übertrieben, aber ein Charakter in einem Horrorfilm kann von mir spätestens in dem Moment kein Mitgefühl mehr einfordern, in dem er 1. mitten in der Nacht 2. allein 3. ohne Taschenlampe oder sonstige Beleuchtung 4. eine von einem rachsüchtigen Geist frequentierte einsame Waldhütte aufsucht. Jeder dieser Punkte einzeln wäre schon suizidal genug, könnte aber, für sich allein stehend, noch als vorübergehende Kurzschlussreaktion gewertet werden. Werden aber alle vier Punkte auf einmal erfüllt, ist der Charakter einfach nur saublöd und verdient es, qualvoll zu sterben. Punkt.
Möglicherweise ist der hier zum Ausdruck gebrachte Ärger etwas übertrieben, aber ein Charakter in einem Horrorfilm kann von mir spätestens in dem Moment kein Mitgefühl mehr einfordern, in dem er 1. mitten in der Nacht 2. allein 3. ohne Taschenlampe oder sonstige Beleuchtung 4. eine von einem rachsüchtigen Geist frequentierte einsame Waldhütte aufsucht. Jeder dieser Punkte einzeln wäre schon suizidal genug, könnte aber, für sich allein stehend, noch als vorübergehende Kurzschlussreaktion gewertet werden. Werden aber alle vier Punkte auf einmal erfüllt, ist der Charakter einfach nur saublöd und verdient es, qualvoll zu sterben. Punkt.
Solch offenbare Zurschaustellungen von Irrationalität kommen
leider in Horrorfilmen sehr oft vor und sind für mich ein Indiz dafür, dass die
Macher a) keinen großen Wert auf die Erschaffung dreidimensionaler,
wirklichkeitsnaher Charaktere legen, mit denen man sich identifizieren, die man
bewundern, mit denen man mitfühlen und mit denen man sich dementsprechend auch
fürchten kann und/oder b) hauptsächlich darauf aus sind, Charaktere zu dem
Zweck zu kreieren, sie im weiteren Handlungsverlauf möglichst effektvoll über
die Klinge springen zu lassen.
Zu beiden Ansätzen muss ich sagen: Nein, danke! Viel zu oft
schon gesehen und deshalb kaum mehr reizvoll.
Schade, denn in "Mama" wären durchaus gute Ansätze
vorhanden gewesen, den Film zu etwas Anderem als der x-ten Kopie von der Kopie
von der Kopie... zu machen (zum Beispiel in Form der visuell und dramaturgisch
erfrischenden, leider aber kurzen und nur spärlich gesäten Traumsequenzen).
Zurück vom Kinobesuch bleibt also der fahle Nachgeschmack
eines Alles-schon-gesehen, gemischt mit ein paar Prisen ärgerlichen
Hätte-sein-könnens und das beständige Maulen der Holden im linken Ohr, warum
wir uns "diesen teils unlogischen Sch****" überhaupt angeschaut
haben.
Fazit:
Wer ein halbwegs stimmiges, atmosphärisches Gruseldrama sucht, ist mit Die Frau in Schwarz besser bedient. Wer nur mal einen Blick auf die CGI-Mama werfen möchte, kann sich gut eineinhalb Stunden Zeit sparen und führt sich den Kurzfilm Mama zu Gemüte, auf dem der Langfilm basiert (leicht zu ergoogeln durch Eingabe von "mama short").
Wer ein halbwegs stimmiges, atmosphärisches Gruseldrama sucht, ist mit Die Frau in Schwarz besser bedient. Wer nur mal einen Blick auf die CGI-Mama werfen möchte, kann sich gut eineinhalb Stunden Zeit sparen und führt sich den Kurzfilm Mama zu Gemüte, auf dem der Langfilm basiert (leicht zu ergoogeln durch Eingabe von "mama short").
Ist wie: Ein überzüchteter Hybridversuch aus Der Fluch
von Darkness Falls und Die Frau in Schwarz - nicht Fisch,
nicht Fleisch und trotz aller guten Absichten leider etwas in der Petrischale
versumpft.
Wertung: Gutgemeinte 5 von 10
Kirschkernweitspuckverdienstabzeichen, mit Tendenz zur Aberkennung eines halben
wegen Überschreiten der angedeuteten Geisterlinie.
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